Montag, 28. Januar 2008

"Vorprogramm" zum IYA: Niederlande feiern 400 Jahre Teleskop

Durch einen Hinweis auf der niederländischen IYA-Seite bin ich auf eine diesen Monat online gegangene zweisprachige Webseite zum 400. Jahrestag der Erfindung des Teleskops gestossen: Wie zu erwarten, wird Lipperheys misslungener Patentantrag für ein Fernrohr vom Oktober 1608 als Anlass für allerlei Outreach-Projekte genommen, bei denen vor allem der Vertrieb eines Nachbaus interessant ist. Ein Vorbild für das IYA-"Galileoscope"?

Im Zusammenhang mit der Motivation des IYA wird sicherlich immer wieder mal die Frage aufkommen, warum wir speziell 2009 "feiern": Der primäre Anlass ist bekanntlich der astronomische Einsatz des Teleskops durch diesen Physiker ab Ende 1609. Wir müssen dabei drei Dinge im Auge behalten, um uns nicht in Widersprüche zu verwickeln:
  • 1. hat Galilei das Fernrohr nicht erfunden - es steht völlig außer Frage, dass er es nachbaute und dabei verbesserte, als die Kunde von dieser Erfindung, die Handwerker gemacht hatten, nach Italien gedrungen war. Dies wird z.B. in Brechts "Leben des Galilei" korrekt dargestellt - und Galilei hat auch selbst nie behauptet, das Fernrohr als solches erfunden zu haben.

  • 2. war Galilei auch nicht der erste, der mit der neuen Erfindung astronomische Beobachtungen angestellt hat: Wie die Royal Astronomical Society in einer Pressemitteilung korrekt darstellt, hat bereits im Sommer 1609 Thomas Harriot seine ersten teleskopischen Mondzeichnungen angefertigt - weshalb man im Sommer 2009 im UK auch eine Mondwoche feiern wird.

  • 3. hat Galilei weder mit all seinen astronomischen Beobachtungen mit oder ohne Fernrohr noch durch sonst ein physikalisches Experiment die Korrektheit des heliozentrischen Weltbildes beweisen können! Alle Beobachtungen waren genau so gut mit Tychos Kompromiss-Sonnensystem (alle Planeten kreisen um die Sonne, die um eine feste Erde kreist) verträglich, das noch lange Anhänger hatte. Es waren vielmehr die Planetengesetze Keplers und entscheidend die Gesetze Newtons von 1687, aus denen erstere zwanglos folgten, die der heliozentrischen Sicht zum verdienten Durchbruch verhalfen. Und direkt bewiesen wurde sie erst 1728, als Bradley die Aberration des Lichts verstand.
Den zeitlichen Ablauf der Ereignisse kann man einer wachsenden Timeline der Astronomie 1500-1750 entnehmen, die wissenschaftstheoretischen Gedankenschritte einem exzellenten Artikel von Owen Gingerich, einem der bekanntesten Astronomiehistoriker der USA. Allerdings hat's noch immer nicht jeder geschnallt, wie man der französischen Ausgabe von "Wer wird Millionär" entnehmen kann.

Mit der Erfindung des Fernrohrs ist es übrigens auch so eine Sache: Wie einem berühmt-berüchtigten Artikel von Colin Ronan aber auch einer Übersicht von Albert van Helden - dem Fachmann für die Geschichte des Teleskops - zu entnehmen ist, gibt es gewisse Indizien für Teleskope schon im 16. Jahrhundert in England ...

1 Kommentar:

Daniel Fischer hat gesagt…

Kuriosum am Rande: Da hat einer ein Fernrohr im Galileischen Stil - allerdings mit modernen Linsen nachgebaut und hindurch fotografiert. Zumindest die 1610-er Modelle Galileis, mit denen er z.B. die Jupitermonde entdeckte, könnten von ähnlicher Qualität gewesen sein.